Roland Staab

Bildender Künstler


Metaphern menschlicher Existenz - Roland Staab

Die Arbeiten von Roland Staab lassen ein Ganzes ahnen, ein arbeitendes und fortwährend bearbeitetes Urbild, eine Energiequelle, die Strukturen und Farben antreibt und verbindet. Seine Bilder sind wesentlich Farbe, Farbe in kleinteiligen, aufeinander bezogenen Feldern, abgegrenzt als auch einander in Schichten durchdringend. Die Lineaturen darüber liegen nah an der Zeichnung, sind Armierung, Handlung und Spur und wieder Malerei. Flächen, Körper und Strich gehen auseinander hervor und ineinander über. In den dichten Tafeln und Blättern liegen Prozesse offen und rhythmisch eingehaltene Momente, ein Geschehenlassen und verfolgte Absicht. Gelegentlich überwiegt ein Element die anderen oder waltet scheinbar allein. Scheinbar: Auch was gerade nicht sichtbar ist, wird gleichsam aufgerufen, ist oft als farblich getilgte Struktur erhalten, steckt in der Geste.
Die "Zähmung" beispielsweise spielt fast ausschließlich vor sehr hellem Gelb. Figuren und Elemente stecken in einer braunen Linie, mehr oder minder dick mit dem Pinsel vorgetragen. Links steht ein Tier im Gestänge, rechts ragt eine Gestalt überhoch ins Geschehen. Die Verbindungen zwischen beiden lassen sich als Seile, eine Leiter, Pflanzen lesen. Das Tier muss nicht Tier sein, ein Zentaur ist möglich, auch ein Mensch. Die Gestalt wiederum ist Konstruktion, eine stehengebliebene Mechanik, ihr eigenes Denkmal erstarrter Herrschaft.
Die "Sehnsucht nach P." liegt quer und erinnert an ein eingefriedetes Labyrinth. Diverse Verwandtschaften des Gelb geben vorn eine Begrenzung, die rechts wie links als Fassung wiederkehrt. Im Innern drängen gerichtete Flächen und Formen an- und umeinander: Grün-, Blau- und Brauntöne, wiederum etwas Gelb und Rot in Spurenelementen. Im Bild stecken Bilder, je nach Standort des Betrachters. Von fern lässt sich ein belebtes Geschehen verfolgen, eine Bewegung des Binnenfelds von links nach rechts. Näher besehen ist das Bild auch Karte oder ein Organigramm - ein sehr kompliziertes allerdings.
Die nahebei gehängten "Vorstadthäuser" korrespondieren damit. Eine innen gesetzte Farbfolge gibt es auch hier, desgleichen eine Bewegungsrichtung. Dicht aneinander gelehnt stehen Grün, Graublau, Ocker, Weiß, Graugrün, diverse Blaus und Graugelbes aufrecht. Ein Rot liegt oben quer und bindet. Als Dach gesehen, macht es aus der Farbfolge einen architektonischen Körper und erklärt das umgebende Gelb zum Himmel.
In den gestreckten Querformaten des "Unterdessen" erscheinen die Farbfelder als Figurenreihen in der Art eines Frieses, auch als Beziehungsgeflecht. Die Figuren drängen sich aneinander wie Passanten, Parteigänger, Teilnehmer an Etwas; was sie aneinander drängt, scheint gleichwohl nicht gleichem Begehren, gleichen Wünschen und Zielen geschuldet. Sehnsucht ist Hunger und eine Metapher menschlicher Existenz. Was die Farbfeldfolgen jenseits dieser Interpretation sagen - über den Künstler, über sich und über beides hinaus - sehe jeder selbst.
Roland Staab ist Jahrgang 47, stammt aus Gotha und lebt in Dresden. Der Autodidakt hat polygraphischen Maschinenbau studiert und erfüllte bis 1991 die Pflichten eines Maschinenbauingenieurs.

Gregor Kunz (2007)

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