Roland Staab

Bildender Künstler


Rede zur Ausstellungseröffnung "sowohlalsauch" am 25.05.2022 in der Galerie Mitte Dresden

Meine sehr verehrten Damen und Herren,

Roland Staab trat als phantastischer Geschichtenerzähler, als Linienspintisierer, wie ich ihn einst bezeichnete, 1994 in das öffentliche Bewusstsein. Er riss die Betrachter in ein surreales Gewebe von phantastischen Tieren, Chimären, heiteren Musikanten, Zwitterwesen und Wurzfanten mit.
Sie verwandelten sich alsbald, wurden unsichtbar in klaren, poetischen, farblich faszinierenden Verschachtelungen. Zuweilen öffnen sich Türen und sie grüßen uns wieder lustvoll verwandelt aus fernen Welten als archaische Arabeske, als ornamentales verlebendigtes Zeichen von Mensch, Tier und Pflanze.
Fülle und Einfachheit bedingen einander sowie die systematische Analyse des Improvisierens und dann kommt in den Zwischenräumen der Zufall zum Tragen, dem Roland Staab beherzt und aufmerksam folgt.
Seine Faszination für Oberflächenwertigkeiten und Strukturen erhebt ihn immer wieder zu einem Konstrukteur phantasievoller Gegenwelten, in denen seine formalen Erfindungen auch aus der Eindimensionalität in räumliche Gefilde aufbrechen. Mit spitzer Feder oder breitem japanischem Pinsel begibt er sich auf dem Weg und sieht im Labyrinth dessen, was sich auf den Papieren ergibt, Landschaften, deren Ereignisreichtum überwältigend ist.
Nichts ist fassbar mitunter auf den Arbeiten. Denkt man, man hätte die Form begriffen, hat sie bereits die Flucht ergriffen und sich irrlichternd in ein fremdes Wesen zwischen Punktscharen und Strichelfeldern verwandelt.
Überall bewegte wabernde Massen, mit Augen und Gliedmaßen, Vexierbildern gleich.
Oder war dies nur eine Sinnestäuschung im Land der Fata Morganen, in dem jedem Betrachter neuer Sinn zuwachsen kann, ganz unverhofft, um in rätselhafte Abgründe gelockt zu werden, sobald man sich zu weit vorgewagt hat?
Was ist der Sinn von Erkenntnis, könnte man fragen?! Vielleicht das Erkennen, die Lust an den Unwägbarkeiten der Interpretation?!
Im Geschlingel und Geschlangel, im Gewimmel und Gewammel, vermeint man mitunter auch Erotisches zu erblicken, bevor greifende Linien, sich zu tanzenden Schimären verdichten.
Roland Staab ist nach wie vor ein herausragender Zeichner im sächsischen Kunstdickicht, mit dem man immer noch zu rechnen hat. "sowohlalsauch" nennt er prosaisch seine Ausstellung, die sowohl Zeichnungen und Collagen als auch Objekte und Malerei miteinander verbindet.

Auch Christiane Latendorf ist eine Geschichtenerzählerin.
Ihr Werk kann man als gemalte, gezeichnete und gestaltete Poesie bezeichnen. Jede gefundene und jede gedachte Form, Alltägliches verwandelt sie in Gleichnisse, ja in Geheimnisse. Sie baut Brücken aus der wirklichen Welt in die der Träume. Das Wissen um die Wunder des Lebens, steigert ihre Fähigkeit unser Sein zu durchschauen.
Ihre Arbeit ist durch viele Fäden mit der Tradition verbunden, sich ein Bild zu machen. Das Wuchernd-Wachsende, das alles zu umfassen versucht, erinnert stark an das barocke Prinzip des Gesamtkunstwerkes, das sich im Raum wie in der Zeit zu behaupten sucht, den Himmel mit der Erde vereint, Gott in seiner Menschlichkeit und den Menschen in der Spannung zwischen Geburt und Tod begreift.

Jede Präsentation von Christiane Latendorf ist eine Werbung für die Liebe, die Freiheit, die Poesie, nicht mehr und nicht weniger, eine Werbung für das Prinzip Hoffnung.

Ich wünsche Ihnen von Herzen Lustgewinn in der gegenwärtigen Kunstwunderkammer von Roland Staab und Christiane Latendorf.

Karin Weber

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